Wie Cannabis um die Welt reiste: von antiken Ursprüngen bis zur modernen Legalisierung

Wie Cannabis um die Welt reiste: von antiken Ursprüngen bis zur modernen Legalisierung

  The King's Scribe  

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Heute gehört Cannabis für Millionen von Menschen weltweit zum Alltag – sei es in Form von Blüten, Harzen, Ölen oder Lebensmitteln. Doch bevor die Pflanze in unseren Grinders oder Küchen landet, hat sie einen sehr langen Weg zurückgelegt. Von Zentralasien bis nach Amerika, über Indien, den Nahen Osten, Afrika und Europa hinweg folgt die Geschichte des Cannabis den großen Handelsrouten, den Eroberungen, den Migrationen und später den Verbotspolitiken.

Ursprünge: Cannabis, eine Pflanze aus Zentralasien

Forscher sind sich einig, dass Cannabis aus Zentralasien stammt – aus Regionen, die heute der Mongolei, Südsibirien, den nördlichen Hochebenen Chinas und dem Hindukusch-Gebirge entsprechen. Dort entwickelte sich wilder Hanf in kalten und sonnigen Gebieten, bevor er nach und nach vom Menschen domestiziert wurde.

Die ersten Spuren der Hanfnutzung reichen mehrere Jahrtausende zurück. So wurden in Mitteleuropa Hanfseile aus etwa 2900 v. Chr. gefunden, ebenso wie Samen- und Faserreste auf zahlreichen archäologischen Stätten. Schon sehr früh wurde die Pflanze sowohl als Rohstoff (Fasern, Seile, Textilien) als auch für ihre medizinischen und rituellen Eigenschaften genutzt.

China, Indien und die ersten medizinischen und spirituellen Anwendungen

Die traditionelle chinesische Medizin

In China erscheint Cannabis sehr früh in den Texten der traditionellen Medizin. Eine oft genannte Figur ist der Kaiser-Kräuterkundige Shen Nong, dem die Klassifizierung vieler Heilpflanzen um das 3. Jahrtausend v. Chr. zugeschrieben wird. Hanf wird dort als mögliches Mittel gegen verschiedene Beschwerden beschrieben: Schmerzen, Rheuma, Verdauungsprobleme, Malaria usw.

Die Pflanze wird vor allem in Form von Samen, Abkochungen oder medizinischen Zubereitungen verwendet – weniger wegen ihrer psychoaktiven Effekte. Später verbreitet sich Cannabis über die Handelswege des neolithischen China nach Korea und Japan.

Bhang und die indischen Traditionen

In Indien nimmt Cannabis eine besondere Rolle ein. Es ist seit sehr langer Zeit Bestandteil religiöser und festlicher Praktiken, insbesondere in Form von bhang, einem Getränk aus Cannabisblättern oder -blüten, gemischt mit Milch und Gewürzen.

In vedischen Texten und der Sanskrit-Dichtung wird Cannabis manchmal als Pflanze beschrieben, die Angst lindern und den Geist öffnen kann. Yogis und Sadhus konsumieren es traditionell, oft mit Tabak gemischt, zur Begleitung der Meditation. In der hinduistischen Kultur genießt die Pflanze lange Zeit einen nahezu heiligen Status.

Die Skythen, die Seidenstraße und die griechisch-römische Welt

Die Skythen, ein nomadisches indoeuropäisches Volk, spielen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Cannabis. Während sie durch die Steppen Zentralasiens und die Altai-Berge zogen, nahmen sie die Pflanze mit sich und verwendeten sie in rituellen Kontexten, insbesondere bei Bestattungen: Archäologische Funde zeigen verbrannte Samen und Spuren von Rauchritualen in Gräbern.

Diese skytischen Routen überlagern sich später mit der entstehenden Seidenstraße, einem riesigen Netzwerk, das China, Zentralasien, den Nahen Osten und den Mittelmeerraum verbindet. Cannabis folgt dieser Bewegung und gelangt allmählich nach Iran, Anatolien, Ägypten und Griechenland.

In der griechisch-römischen Welt wird Hanf zunächst wegen seiner Fasern geschätzt: Man nutzt ihn zur Herstellung von Seilen, Segeln und Textilien. Antike Autoren erwähnen auch seine berauschenden Effekte, doch dieser Aspekt bleibt sekundär im Vergleich zu seiner Rolle als Rohstoff.

Vom Nahen Osten nach Afrika und Europa

Im Laufe der Jahrhunderte nehmen Cannabis und insbesondere seine konzentrierte Form, das Haschisch, im Nahen Osten und in Nordafrika einen wichtigen Platz ein. In Marokko, im Libanon, in Ägypten und in der Türkei wird Cannabisharz sowohl in volkstümlichen als auch in mystischen Kontexten konsumiert.

Eroberungen, Handelswege und die Ausbreitung des Islams tragen zur geografischen Expansion der Pflanze bei. Cannabis verbreitet sich in Ostafrika und weiter nach Süden, wo es unter verschiedenen lokalen Namen bekannt ist (z. B. dagga in Südafrika). Es wird geraucht, aufgegossen oder in traditionellen Zubereitungen verwendet.

In Europa bleibt Hanf lange Zeit vor allem eine strategische Kulturpflanze. Seine Fasern dienen zur Herstellung von Seilen, Stoffen, Papier und Segeltüchern. Länder wie Italien, Frankreich, Russland oder Spanien bauen große Flächen Industriehanf an.

Die Ankunft von Cannabis in den Amerikas

Cannabis gelangt ab dem 16. Jahrhundert in die Amerikas, insbesondere durch spanische und portugiesische Kolonisten. Es wird zunächst für Industriehanf angebaut: Seile, Segel, Stoffe, Papier.

In Nordamerika ordnen die Kolonisten von Jamestown zeitweise sogar den Hanfanbau an, so wichtig ist die Faser. Historische Persönlichkeiten wie George Washington und Thomas Jefferson bauten Hanf ebenfalls an. Doch zu dieser Zeit bleibt der Freizeitkonsum marginal und kaum dokumentiert.

Der psychoaktive Gebrauch entwickelt sich später, insbesondere durch Kontakte mit Mexiko und der Karibik sowie durch afroamerikanische Gemeinschaften und Jazzmusiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Vom Heilmittel und Industriehanf zum Staatsfeind: die Geburt der Prohibition

Bis ins 19. Jahrhundert hinein bleibt Cannabis weltweit weitgehend akzeptiert: als Heilmittel in bestimmten Pharmakopöen, als Industriepflanze oder als psychoaktive Substanz in verschiedenen kulturellen Kontexten. Doch diese Wahrnehmung ändert sich radikal mit dem Aufkommen der Verbotspolitiken.

Die ersten Verbote

In Europa verbot Napoleon seinen Truppen gegen Ende des 18. Jahrhunderts den Konsum von Cannabis, aus Sorge, dass dieser ihre Disziplin beeinträchtigen könnte. Im 19. Jahrhundert zeigte sich das Britische Empire besorgt über den Cannabiskonsum im kolonialen Indien und leitete Untersuchungen ein, die die Pflanze mit Wahnsinn oder Devianz in Verbindung brachten – oft auf Grundlage fragwürdiger Statistiken.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beginnen mehrere Länder, Cannabis zu beschränken oder zu verbieten: Südafrika, Jamaika, Kanada, Neuseeland, das Vereinigte Königreich… In den USA erscheinen die ersten gesetzlichen Regelungen auf Ebene der Bundesstaaten bereits in den 1910er–1920er Jahren.

Die Rolle von Rassismus und Propaganda

In den Vereinigten Staaten stützt sich die Cannabisprohibition nicht nur auf gesundheitliche Argumente. Sie baut auch auf politischen, wirtschaftlichen und rassistischen Mechanismen auf. Angstmacherkampagnen richten sich abwechselnd gegen mexikanische, afroamerikanische und künstlerische Gemeinschaften.

Der Begriff „marihuana“ wird populär gemacht, um die Pflanze mit der mexikanischen Einwanderung zu verknüpfen. Einflussreiche Persönlichkeiten jener Zeit, darunter Pressemagnaten und Industrielle, sahen im Hanf eine mögliche Konkurrenz für Märkte wie Papier oder synthetische Fasern und unterstützten daher ein stark negatives Bild der Pflanze.

1937 markiert der Marihuana Tax Act einen entscheidenden Wendepunkt: Er macht den Anbau und die Nutzung von Cannabis in den USA rechtlich äußerst schwierig. Im weiteren Verlauf verschärft der im 20. Jahrhundert ausgerufene „Krieg gegen die Drogen“ die Strafen, verstärkt die Stigmatisierung der Konsumenten und trägt zur Überfüllung der Gefängnisse bei – ohne die Nachfrage tatsächlich zu verringern.

Vom Drogenkrieg zur Rückkehr der Legalisierung

Ab den 1960er–1970er Jahren beginnt sich die Wahrnehmung von Cannabis erneut zu verändern, insbesondere unter dem Einfluss gegenkultureller Bewegungen und neuer wissenschaftlicher Forschung. Sein therapeutisches Potenzial wird wiederentdeckt, und die wichtigsten Cannabinoide wie THC und CBD werden isoliert.

In den 1990er Jahren leiten einige Länder und US-Bundesstaaten regulierte medizinische Anwendungen ein. Kalifornien legalisiert medizinisches Cannabis im Jahr 1996, gefolgt von weiteren US-Bundesstaaten. Im Laufe der Jahre legalisieren Uruguay und später Kanada auch den Freizeitgebrauch, während viele andere Länder ihre Politik für medizinisches Cannabis lockern oder den Konsum teilweise entkriminalisieren.

Parallel dazu liefert die Forschung zum Endocannabinoid-System – einem Netzwerk von Rezeptoren im gesamten menschlichen Körper – einen wissenschaftlichen Rahmen dafür, wie Cannabis auf Schmerzen, Entzündungen, Stimmung, Schlaf oder bestimmte Formen von Epilepsie wirkt.

Eine uralte Pflanze im Zentrum einer modernen Debatte

Die Geschichte des Cannabis ist die Geschichte einer Pflanze, die eng mit der Menschheit verbunden ist: angebaut für ihre Fasern, genutzt als Heilmittel, verehrt in Ritualen, verboten, kriminalisiert und schließlich rehabilitiert.

Heute geht die Debatte weiter: zwischen Fragen der öffentlichen Gesundheit, dem Kampf gegen den Schwarzmarkt, wirtschaftlichen Chancen, medizinischen Anwendungen und Fragen der sozialen Gerechtigkeit sucht jedes Land seinen eigenen Weg. Sicher ist: Nach Jahrtausenden der Geschichte wird Cannabis weiterhin für Gesprächsstoff sorgen.

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